- Order number: iz3w347
347 | Entgrenzte Herrschaft
Folter im 21. Jahrhundert
Folter ist weltweit geächtet. Jedenfalls könnte man das aufgrund der Tatsache annehmen, dass 155 Staaten die UN-Antifolterkonvention ratifiziert haben. Fakt ist aber auch, dass Amnesty International aus 141 Ländern Berichte über die Anwendung von Folter oder folterähnlicher Gewalt vorliegen. Folternde Unrechtsstaaten sind dabei nicht auf den Globalen Süden beschränkt. Auch im Norden ist folterähnliche Gewalt (wieder) eine konkrete Handlungsoption bei der Durchsetzung des staatlichen Gewaltmonopols und der Bekämpfung des Terrorismus.
Unser Themenschwerpunkt nimmt eine grundsätzlich herrschaftskritische Sichtweise ein und begreift Folter nicht als bloße Abweichung von der menschenrechtlichen Norm, sondern als Zuspitzung von Herrschaft, als ultimatives Mittel zu ihrer Sicherung. Die Möglichkeit der Folter ist eine Drohung, mit der jedes aufbegehrende oder ‚feindliche’ Individuum dort getroffen werden soll, wo es am verletzlichsten ist: Bei der körperlichen und seelischen Integrität. Nie ist die Einsamkeit des Menschen größer als im Moment der Folter und des absoluten Ausgeliefertseins.
Der südnordfunk – die monatliche Radio-Magazinsendung des iz3w – ergänzt den Themenschwerpunkt mit Podcasts. Nachzuhören auf iz3w.org.
Inhaltsübersicht
Aus dem Themenschwerpunkt:
Editorial: Entgrenzte Herrschaft
Systematisch geplant
Folter wird heute in fast allen Ländern angewandt
von Anton Landgraf
»Sie findet im Verborgenen statt«
Interview mit dem ehemaligen UN-Sonderberichterstatter Manfred Nowak über Folter
»Die Angst geht nicht weg«
Therapien mit Überlebenden von Folter stoßen auf viele Hindernisse
von Dima Zito
Die Botschaft wird verstanden
In Mexiko verschwimmen die Grenzen zwischen krimineller und staatlicher Foltergewalt
von Wolf-Dieter Vogel
»Du wirst es nie wieder vergessen«
Die Friedensverhandlungen in Kolumbien offenbaren Abgründe der Gewalt
von Stephan Kroener
Assads deutscher Stuhl
In Syrien ist Folter fast allgegenwärtig
von Jörn Schulz
Kalkulierte Scham
Sexualisierte Folter und ihre Folgen
von Mechthild Wenk-Ansohn
Wir danken der Rosa Luxemburg Stiftung für die Förderung des Themenschwerpunktes
Politik und Ökonomie
Hefteditorial: Die Dramatik des Problems
Debatte: Die Anschläge von Paris
Dokumentation von Diskussionsbeiträgen
Rassismus I: Dresden befremdet
PEGIDA aktualisiert den altbekannten Rassismus
von Sophie Kempe
Rassismus II: I don’t like Mondays
PEGIDA entstellt Deutschland zur Kenntlichkeit
von Christian Stock
Mexiko: »Wir alle sind Ayotzinapa«
Mexiko erlebt die größten Demonstrationen seit Jahrzehnten
von Ann-Kathrin Krüger
Agrarpolitik I: Welche neue Grüne Revolution?
Perspektiven tansanischer Kleinbauern auf die ungelöste Agrarfrage von Philipp Kumria
Agrarpolitik II: »Es geht immer um die Landfrage«
Interview mit dem kenianischen Agrar-Aktivisten Philip Munyasia
Ebola: Terrorismus der Armut
Die Ebola-Epidemie ist eine Folge von sozialer Ungleichheit
von Anne Jung und Andreas Wulf
Kultur und Debatte
Postkolonialismus: Blond, bärtig und weiß
Koloniale Mythen über Götterdämmerung in Mexiko
von Simon Brüggemann
Erinnerungspolitik: Leugnung als Staatsdoktrin
Die Türkei und der Genozid an den ArmenierInnen (Teil 2)
von Corry Guttstadt
Szene/Tagungen